Ashwagandha (Withania somnifera), auch bekannt als indischer Ginseng oder Winterkirsche, ist eines der wichtigsten Kräuter in der ayurvedischen Medizin. Es wird seit Jahrtausenden als verjüngendes Tonikum verwendet, d.h. zur Steigerung der körperlichen und geistigen Gesundheit durch Förderung der Langlebigkeit. Klassischerweise wurden verschiedene Teile der Pflanze (einschließlich Wurzeln, Blätter und Blüten) verwendet, um verschiedene Zustände wie Rheuma, Verstopfung, Schlaflosigkeit, chronischen Stress und hormonelle Ungleichgewichte zu behandeln. Aber die Wurzeln sind die am häufigsten verwendeten Teile der Pflanze: ayurvedische Therapeuten kochten sie traditionell in Milch oder mischten sie mit Honig. Heutzutage ist der Extrakt der Wurzel die am häufigsten verwendete Form und kann in vielen pflanzlichen vermarkteten Formulierungen gefunden werden. 

Ashwagandha enthält eine Vielzahl von Substanzen, die für seine medizinischen Eigenschaften verantwortlich sind. Mehr als 35 von diesen sogenannten ‘Phytochemikalien’ wurden bisher nachgewiesen und identifiziert, darunter überwiegend Alkaloide und steroidale Laktone. Zu den bislang am besten untersuchten Vertretern dieser Substanzgruppen gehört Withaferin A und seine strukturellen Verwandten. Sie sind bekannt für ihre anti-entzündliche Effekte und andere pharmakologische Wirkungen, die zur Behandlung von Hirnstörungen wie Angst, Depression und Demenz eingesetzt werden können. 

Die meisten Wirkungen von Ashwagandha werden auf seine Fähigkeit zurückgeführt, die Hormonausschüttung zu regulieren und den Körper an Stress anzupassen. Es wird daher als ein starkes Adaptogen angesehen. Seine Hauptwirkung ist es, das Cortisol auszugleichen, ein Hormon, das von der Nebenniere in Situationen von anhaltendem Stress ausgeschüttet wird. Es wurde darüber hinaus auch schon von anderen Eigenschaften berichtet, darunter entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen.

Kann dieses uralte Tonikum eine Rolle bei der Prävention von Demenz spielen?

Experimentelle Studien haben gezeigt, dass Ashwagandha in der Lage ist, das Niveau der Alzheimer-typischen Plaques, den sogenannten Amyloid-Beta-Ablagerungen, in Gehirnzellen zu reduzieren und die Regeneration des Axons zu fördern. Das Axon ist der Teil der Nervenzelle, der an der Übertragung von Nervenimpulsen beteiligt ist.

In Tiermodellen kann nach der Behandlung mit diesem Kraut eine Umkehrung der neuronalen Atrophie, also der Verkleinerung des Gehirns, und eine Erholung der Funktion der Synapsen beobachtet werden. Synapsen sind die Verbindungsstellen zwischen den Nervenzellen (oder zwischen Nervenzellen und Sinneszellen oder Muskelzellen) und dienen der Übertragung von Reizen. Es wurde auch über die Vorbeugung von Gedächtnisverlust und die Verbesserung von Demenz-Symptomen berichtet.

Einige randomisierte klinische Studien haben eine Verbesserung der exekutiven Funktion, der Aufmerksamkeit und der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung bei Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder bipolarer Störung nach der Behandlung mit Ashwagandha gezeigt.

Der Wirkmechanismus von Ashwagandha bei der Behandlung der Alzheimer-Krankheit beruht auf der Stimulation von Acetylcholin-Rezeptoren (M1-Muskarin-Rezeptoren). Acetylcholin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der in den Synapsen die Informationen von der Nervenzelle zu der nachgeschalteten Zelle überträgt und somit die Kommunikation zwischen Neuronen ermöglicht.  Eine Stimulation dieser M1-Rezeptoren kann die Wirkung von Acetylcholin nachahmen, die Übertragung von Nervenimpulsen verbessern und die Symptome der Krankheit reduzieren, und genau das macht Ashwagandha!

Acetylcholin ist so wichtig für die Entstehung der Alzheimer-Krankheit, dass eines der gängigsten Medikamente genau dadurch wirkt, dass es die Verfügbarkeit dieses Neurotransmitters im Gehirn erhöht. Diese Gruppe von Medikamenten werden „Cholinesterase-Hemmer“ genannt, da sie das Enzym ‘Cholinesterase’ hemmen, das ihren Abbau fördert (erfahren Sie mehr in unserem Abschnitt über die Behandlung).

Zukünftige Studien werden die tatsächliche Wirkung von Ashwagandha bei Alzheimer klären. In der Zwischenzeit können wir auf all das Wissen der ayurvedischen Medizin verlassen und dieses Kraut verwenden, um das Gedächtnis zu verbessern, Stress abzubauen und Alzheimer zu verhindern!

Bitte beachten Sie: Die Verwendung jeder pflanzlichen Substanz muss unter Aufsicht eines Arztes erfolgen. Diese Substanzen können Kontraindikationen und Nebenwirkungen aufweisen.


Referenzen:

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  2. Singh N, Bhalla M, de Jager P, Gilca M. An overview on ashwagandha: a Rasayana (rejuvenator) of Ayurveda. Afr J Tradit Complement Altern Med. 2011;8(5 Suppl):208-213. doi:10.4314/ajtcam.v8i5S.9
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  4. Konar A, Gupta R, Shukla RK, et al. M1 muscarinic receptor is a key target of neuroprotection, neuroregeneration and memory recovery by i-Extract from Withania somnifera. Sci Rep. 2019 Sep 30;9(1):13990.
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