Kokosöl zur Prävention und Therapie von Alzheimer: Hype oder Hope?

4,5 Minuten LesezeitVeröffentlicht am: 8. Juni 2022Von Kategorien: Ernährung, Prävention, Ursachen

Die Kokospalme (cocos nucifera), die auch als „Baum des Lebens“ bekannt ist, liefert viele wertvolle Nahrungsmittel – das bekannteste ist das Kokosnussöl oder kurz Kokosöl. In den letzten Jahren boomte der weltweite Verbrauch von Kokosöl aufgrund der versprochenen gesundheitlichen Vorteile.

Aber bringt der Verzehr von Kokosöl auch wirklich Vorteile für die Gesundheit oder schadet er eher?

Kokosöl wurde nach den ersten positiven Berichten gerne als „Wundermittel“ angepriesen. In der Fachpresse wird es hingegen oft als „Teufelszeug“ schlecht gemacht, weil es fast ausschließlich aus gesättigten Fettsäuren besteht, was sich nachteilig auf die Arteriengesundheit auswirken könnte. Doch in jüngster Zeit mehren sich die Beweise für die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, die auf das Vorhandensein von mittelkettigen Fettsäuren (mit einer Kettenlänge von maximal 12 Kohlenstoffatomen) und anderen wertvollen Substanzen zurückzuführen sind. Auch ist sich die Fachwelt mittlerweile darüber einig, dass die Laurinsäure mit 12 Kohlenstoffatomen, die den Hauptanteil der Fettsäuren in Kokosöl ausmacht, auch zu den mittelkettigen Fettsäuren zählt. Denn es werden mehr als 70% der Laurinsäure wie mittelkettige Fettsäuren verstoffwechselt: sie gelangen ohne Umweg über die Blutzirkulation über den direkten Weg zur Leber, wo sie in Ketone umgebaut werden (1).

Diese einzigartige chemische Zusammensetzung von Kokosöl führte in den letzten Jahren zur intensiveren Erforschung seiner ernährungsphysiologischen und therapeutischen Einflüsse. In einer aktuellen Übersichtsarbeit aus diesem Jahr (2), die den derzeitigen Stand der Wissenschaft kompakt abbildet, wird die therapeutische Wirkung von Kokosöl zusammengefasst und unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert:

  • Im Gegensatz zu den meisten anderen Nahrungsfetten, die einen hohen Anteil an langkettigen Fettsäuren aufweisen, enthält Kokosöl mittelkettige Fettsäuren. Diese sind aufgrund ihres spezifischen Stoffwechselweg einzigartig, da sie das lymphatische System umgehen und direkt über die Pfortader in die Leber gelangen. Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften bei Absorption und Stoffwechsel sind diese Fettsäuren in der Lage, leichter Ketonkörper zu bilden und somit schneller Energie verfügbar zu machen als andere, längerkettige Triglyceride. Dieser direkte Stoffwechselweg ist insbesondere in Zusammenhang mit der Alzheimer-Demenz als positiv zu bewerten, da die Störung der Zuckerverwertung des Gehirns einen wesentlichen
    Risikofaktor darstellt und das entstandene Energiedefizit durch diese leicht verfügbare Brennstoffalternative schnell und effektiv ausgeglichen werden kann.
  • Ein weiterer positiver Nebeneffekt des direkten Stoffwechselweges der mittelkettigen Fettsäuren ohne weitere Zirkulation im Blutkreislauf: Sie tragen im Vergleich zu langkettigen Fettsäuren kaum zu Fettdepots bei, und werden stattdessen bevorzugt über die Ketonbildung zur Energiegewinnung genutzt. Dieser Effekt konnte auch in Interventionsstudien nachgewiesen werden.
  • Aus den mittelkettigen Fettsäuren werden überwiegend die drei Ketonverbindungen (oder kurz Ketone) Acetoacetat, beta-Hydroxybutyrat und Aceton in der Leber gebildet. Obwohl mehr als 98 % aller kleinmolekularen Medikamente und Verbindungen die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren können, kann beta-Hydroxybutyrat diese Barriere überwinden und gelangt in die Mitochondrien der Gehirnzellen. Hier kann es auch von bereits durch Alzheimer geschädigten Gehirnzellen, die Glukose nicht mehr nutzen können, als Energiequelle genutzt werden. Ketone stellen eine wichtige energetische Alternative im Gehirn dar und sind gerade für Menschen, die Gedächtnisstörungen entwickeln oder bereits daran leiden, von großem Vorteil.
  • Darüber hinaus können auch die in Kokosöl enthaltenen phenolischen Verbindungen wie z.B. die p-Cumarsäure und Ferulasäure dazu beitragen, die Aggregation des Amyloid-beta-Peptids zu verhindern, und somit die Alzheimer-spezifischen Ablagerungen zu reduzieren. Somit würden ihre entzündungshemmenden, antioxidativen und anti-amyloidogenen Eigenschaften möglicherweise den entscheidenden Schritt in der Entstehung der Alzheimer-Krankheit hemmen. Der Gesamtphenolgehalt in Kokosöl wird allerdings stark durch die verschiedenen industriellen Verarbeitungsmethoden beeinflusst und somit hängt die antioxidative Kapazität eines Kokosöles vom Herstellungsprozess ab. Bei heiß extrahiertem Kokosöl liegt der Gehalt der phenolischen Verbindungen höher als in Ölen, die mit der Kaltextraktionsmethode gewonnen wurden, allerdings werden die Verbindungen auch teilweise durch die höheren Temperaturen zerstört. Der höchste Gesamtphenolgehalt wurde nach der „nassen“ Extraktion mit Fermentierung bestimmt, vermutlich weil die Ölschicht länger mit der wässrigen phenolhaltigen Phase in Kontakt steht, als bei den Trockenextraktionsmethoden.
  • Weiterhin unterstützt Laurinsäure, die wichtigste Fettsäure in Kokosöl, die Bildung des günstigen HDL (High-Density-Lipoprotein) Cholesterins und hat darüber hinaus auch das Potenzial, den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Cholesterinbiosynthese, die Umwandlung von 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A (HMG-CoA)-Protein in Mevalonat durch eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase, im Körper zu verzögern. Dies unterstreicht die günstige Wirkung von Kokosöl auf den Cholesterinstoffwechsel und die damit verbundenen therapeutischen Vorteile. Letztere Mechanismen könnten somit dafür verantwortlich sein, dass diese Fettsäuren im richtigen Ernährungskontext auch hilfreich bei der Behandlung von Dyslipidämie, erhöhtem LDL, Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit, und Bluthochdruck sein könnten, die allesamt Risikofaktoren für kardiovaskuläre Komplikationen aber auch für Alzheimer Demenz sind. Diese Erkenntnisse sollten somit auch die Bedenken entkräften, dass der Verzehr von Kokosöl aufgrund der gesättigten Fettsäuren ein Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten darstellt – eine Einschätzung, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) trotz aktueller, anderslautender Forschungserkenntnisse immer noch vertreten wird und wie gezeigt irreführend ist.

Fazit:

Kokosöl wird immer wieder als gesundes Nahrungsmittel in Frage gestellt, weil es durch den hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren die Arterien verstopfen würde. Dies ist jedoch nach heutigem Stand der Wissenschaft eindeutig falsch. Stattdessen mehren sich Beweise für die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, die auf das Vorhandensein von mittelkettigen Fettsäuren aber auch antioxidativen Bestandteilen zurückzuführen sind. Auch wenn bislang keine klinischen Langzeitdaten aus großen Kohorten vorliegen, sind sich die Autoren des Übersichtsartikels (2) einig, dass Kokosöl als Behandlungs- oder Präventivmaßnahme für Alzheimer und seine Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2 Diabetes empfohlen werden sollte, da es äußerst vielversprechende funktionelle Eigenschaften besitzt.

Aus diesem Grund können wir zum jetzigen Zeitpunkt mit Sicherheit sagen, dass sich der Genuss von Kokosöl aufgrund seiner einzigartigen Zusammensetzung positiv auf Ihre (Hirn-)Gesundheit auswirken kann – aber natürlich nur, wenn es im richtigen Maß und zusammen mit anderen gesunden Fetten und Ölen in eine gesunde Ernährung integriert wird. Achten Sie dabei auch unbedingt auf die Qualität des Kokosöles und verzehren Sie nur schadstoffgeprüfte und qualitativ hochwertige Produkte, idealerweise auch aus Fermentationsextraktion gewonnene Öle.

Falls Sie noch tiefergehende Informationen zu diesem hochinteressanten Thema bekommen möchten, lesen Sie bitte hier bei der „Kompetenz statt Demenz“ nach.

Referenzen:

1. Dayrit FM (2015) The properties of lauric acid and their significance in coconut oil. J Am Oil Chem Soc 92:1–15. DOI 10.1007/s11746-014-2562-7

2. Sandupama P, Munasinghe D, Jayasinghe M (2022) Coconut oil as a therapeutic treatment for alzheimer’s disease: a review. Journal of Future Foods 2/1: 41-52. https://doi.org/10.1016/j.jfutfo.2022.03.016

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