Kurz-, mittel- und langkettige Fettsäuren

Fette bestehen aus je einem Glyzerinmolekül und drei Fettsäuren. Diese beiden Bauteile bilden zusammen die sogenannten Triglyzeride. Die Fettsäuren können gesättigt oder ungesättigt sein. Die gesättigten Fettsäuren unterteilt man anhand ihrer Molekülgröße, also der Länge ihrer Kohlenstoffketten bzw. der Zahl ihrer Kohlenstoff-Atome, in kurz-, mittel- und langkettige Fettsäuren. Als kurzkettig gelten diejenigen Fettsäuren mit bis zu 6 Kohlenstoff-Atomen, als mittelkettig die mit 8 bis 12 Kohlenstoff-Atomen und als langkettig die mit mehr als 12 Kohlenstoff-Atomen.

Kurz- und mittelkettige Fettsäuren sind leichter verdaulich als langkettige. Die kurzkettigen Fettsäuren werden größtenteils direkt von den Darmzellen verwertet. Die mittelkettigen Fettsäuren gelangen hingegen nach ihrer Aufnahme in den Darmzellen unabhängig von Gallensäuren und fettspaltenden Enzymen mit dem Blut der Pfortader (Sammelvene des Blutes der Bauchorgane) direkt zur Leber. Der direkte Weg ohne weitere Zirkulation im Blutkreislauf führt dazu, dass mittelkettige Fettsäuren kaum zu den Fettdepots beitragen.

In den Leberzellen angekommen werden die mittelkettigen Fettsäuren über den Prozess der beta-Oxidation in Ketonkörper (oder kurz Ketone) umgewandelt, größtenteils zu Aceton, Acetoacetat und beta-Hydroxybutyrat. Letztere werden in den Mitochondrien weiter verstoffwechselt zu Wasser, Kohlendioxid und Energie (s. Bild 1).

Stoffwechsel der mittelkettigen und langkettigen Fettsäuren im Vergleich

Bild 1: Stoffwechsel der mittelkettigen und langkettigen Fettsäuren im Vergleich. LCT: Langkettige Triglyzeride; LCFA: Langkettige Fettsäuren; MCT: Mittelkettige Triglyzeride; MCFA: Mittelkettige Fettsäuren; TG: Triglyzeride (Modifiziert nach [7])

Die langkettigen Fettsäuren haben im Vergleich dazu einen deutlich langwierigeren Verdauungsweg vor sich, der nur mit Hilfe von Gallensäuren und fettspaltenden Enzymen vonstattengeht. Sie gelangen erst, zusammen mit Cholesterin und Proteinen, in sogenannte Lipoproteine verpackt, über einen längeren Umweg über die Lymphe in den Blutblutkreislauf. Während dieser Zirkulation der Lipoproteine können sich ihre fetthaltigen Bestandteile im Körpergewebe verteilen und ansammeln. Auf diesem Weg durch das Gefäßsystem können sich einige dieser Fette an den Arterienwänden ablagern und so zur Atherosklerose beitragen.

MCT-Öle

MCT-Öle werden meist aus Kokos- und Palmkernfett hergestellt. Hinter der Abkürzung MCT verbirgt sich der englische Begriff ‚Medium-Chain Triglycerides‘, was übersetzt ‚mittelkettige Triglyzeride‘ heißt. Wie der Name bereits verrät, sind in ihnen mittelkettige Fettsäuren mit 8 Kohlenstoffatomen (Caprylsäure) und mit 10 Kohlenstoffatomen (Caprinsäure) angereichert. Diese gelangen, nach ihrer Aufnahme im Darm, mit dem Blut der Pfortader direkt zur Leber, wo sie schnell in Ketone umgewandelt und zu energetischen Zwecken verstoffwechselt werden (s. Bild 1).

Damit sind MCT-Öle aufgrund ihres Gehaltes an mittelkettigen Fettsäuren schnelle, den Stoffwechsel ankurbelnde Energieträger, die entweder unmittelbar zur Deckung des Energiebedarfs – etwa in der Skelettmuskulatur – verbrannt oder zur Produktion von Ketonkörper verwendet werden. Die Caprylsäure (acht Kohlenstoff-Atome) wirkt besonders ketogen, sie kann zudem auch direkt ins Gehirn gelangen und von den Astrozyten zur Energiegewinnung und zur Ketonbildung genutzt werden. Es sind mittlerweile auch MCT-Öle erhältlich, die ausschließlich diese mittelkettige Fettsäure enthalten.

Kokosöl

Kokosöl dagegen enthält lediglich zu ca. 14 % die mittelkettigen Fettsäuren mit sechs bis zehn Kohlenstoff-Atomen, und besteht zu ca. der Hälfte aus Laurinsäure (zwölf Kohlenstoff-Atome). Es herrschte lange Zeit Uneinigkeit, ob die letztere Fettsäure, die Laurinsäure, die über zwölf Kohlenstoffe verfügt, überhaupt zu den mittelkettigen Fettsäuren zählen sollte.

Die entscheidende Frage ist aber, ob auch Laurinsäure die Ketonbildung ankurbeln kann. Eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit [1], für die ausschließlich Studien mit Kokosöl bzw. Laurinsäure ausgewertet wurden, hat diese Frage beantwortet: Seit den frühen 1980er Jahren ist sowohl im Tierversuch als auch am Menschen belegt, dass ein Teil (ungefähr 28 %) der Laurinsäure wie langkettige Fettsäuren zunächst in die Lymphe gelangt, bevor es dieLeber erreicht. Ein wenig Laurinsäure findet sich auch im Depotfett. Der Großteil der verzehrten Laurinsäure (72 %) geht jedoch die gleichen Wege wie die anderen mittelkettigen Fettsäuren. Auch sie wird also größtenteils leichter verdaut und direkt von der Leber aufgenommen, und auch sie dient dort der Energiegewinnung und der Ketonbildung.

Im Kokosöl sind neben den Fetten auch weitere wertvolle Substanzen enthalten: je nach Herstellungsmethode besitzt es einen ordentlichen Anteil an antioxidativen Phenolsäuren, wie p-Cumarsäure, Ferulasäure, Kaffeesäure und Catechinsäuren, aber zu einem geringen Teil auch Vitamin E als Tocopherol-Tocotrienol-Gemisch.

Kokosöl kann aber auch unerwünschte Substanzen enthalten. Daher sollte man unbedingt auf die Qualität des Kokosöles ein besonderes Augenmerk richten. So kam 2021 bei der chemischen Untersuchung durch das Verbrauchermagazin Öko-Test ans Licht, dass viele Öle mit extrem hohen Mengen an Schadstoffen wie Mineralölen belastet waren [2]. Dabei wurden z.T. die Orientierungswerte für die gesättigten Kohlenwasserstoffe deutlich überschritten, auch wurden krebserregende aromatische Kohlenwasserstoffe nachgewiesen, die in Lebensmitteln nichts verloren haben. Informieren Sie sich daher bitte unbedingt vor dem Kauf Ihres Kokosöles über die Reinheit der Ware.

Präventive und therapeutische Effekte bei der Alzheimer-Krankheit

An anderer Stelle haben wir bereits die energetische Unterversorgung des Gehirns und eine zerebrale Insulinresistenz als treibenden Faktor bei der Alzheimer-Krankheit ausführlich beschrieben. Dass auch die mittelkettigen Fettsäuren in MCT- oder Kokosöl in der Lage sind, Ketone zu bilden und dieser Energiekrise bei der Alzheimer-Krankheit entgegenzuwirken, haben bereits einige Studien bestätigt. Besonders eindrucksvoll wurde dies am Fall von Steve Newport demonstriert: Dessen Ehefrau, die amerikanische Ärztin Dr. Mary Newport, hatte erstmalig eine therapeutische Wirkung von Kokosöl auf Alzheimer gezeigt [3], indem sie ihren an einer frühen Form von Alzheimer erkrankten Ehemann mit Kokosöl ‚behandelte‘. Und dies mit Erfolg: bereits nach wenigen Wochen kam es zu einer enormen Verbesserung seiner kognitiven Fähigkeiten. Darüber hinaus verbesserte Steve Newport allmählich sein Erinnerungsvermögen, sein Wortfindungsvermögen, seine soziale Teilhabe und sein Gangbild. Auch in der Magnetresonanztomographie wurde über einen langen Zeitraum keine weitere Hirnatrophie festgestellt [3].

Dass dies kein Einzelfall ist, zeigen auch einige weitere Studien an Alzheimer-Patienten in frühen und fortgeschrittenen Stadien: In fast all diesen Studien war schon kurze Zeit nach der Gabe von ketogenen Ölen oder Keton-Präparaten ein Anstieg der kognitiven Funktionen, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und/oder der Gedächtnisleistung der Demenzpatienten feststellbar [4], [5].

Mittelkettige Fettsäuren, wie sie in Kokosöl und MCT-Öl vorkommen, können auch durch andere Mechanismen der Alzheimer-Entstehung entgegenwirken: So haben Interventionsstudien gezeigt, dass eine Ernährung mit einer definierten Menge an mittelkettigen Fettsäuren gegenüber der gleichen Menge an langkettigen Fettsäuren einen signifikanten Rückgang des Körperfetts zur Folge hatte. Der Grund hierfür ist, dass sich die mittelkettigen Fette durch die fehlende Zirkulation im Blutkreislauf nicht ablagern, sondern die aus ihrem Stoffwechsel gewonnene Energie effizient in Brennstoff für die Nutzung von Organen und Muskeln umgewandelt wird [6]. Somit tragen diese Fette eher nicht zu Fettdepots bei, sondern werden zur Energieproduktion genutzt.

Weiterhin unterstützt Laurinsäure, die wichtigste Fettsäure in Kokosöl, die Bildung des günstigen HDL (High-Density-Lipoprotein) Cholesterins, was von gesundheitlichem Vorteil ist, da die HDL-Fraktion das Risiko einer Hyperlipidämie verringern und somit der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch von Alzheimer entgegenwirken können [7].  Laurinsäure hat darüber hinaus auch das Potenzial, den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Cholesterinbiosynthese, die Umwandlung von 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A (HMG-CoA)-Protein in Mevalonat, durch eine Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase im Körper zu verzögern – somit hat sie auch einen cholesterinsenkenden Effekt [7].

Letztere Mechanismen könnten somit dafür verantwortlich sein, dass die mittelkettigen Fettsäuren im richtigen Ernährungskontext auch hilfreich bei der Behandlung von Dyslipidämie, erhöhtem LDL, Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes, Fettleibigkeit und Bluthochdruck sein könnten, die allesamt Risikofaktoren für kardiovaskuläre Komplikationen aber auch für Alzheimer Demenz sind. Diese Erkenntnisse sollten somit auch die Bedenken entkräften, dass der Verzehr von Kokosöl aufgrund der gesättigten Fettsäuren einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten darstellt – eine Einschätzung, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) immer noch vertreten wird und wie gezeigt irreführend ist.

Auch ist mittlerweile bekannt, dass mittelkettige Fettsäuren, insbesondere die Caprylsäure (acht Kohlenstoffatome), antibakterielle Wirkungen auf eine Vielzahl pathogener grampositiver und gramnegativer Mikroben besitzt, darunter auch Campylobacter jejuni, Listeria monocytogenes und Clostridium perfringens [8]. So wurde diese Fettsäure im Tierversuch erfolgreich als Alternative zu Antibiotika eingesetzt. Zudem hat sie großes Potential gezeigt, einer Dysbiose (Fehlbesiedelung) des menschlichen Darms entgegenzuwirken, indem sie gezielt pathogene Keime in Schach hält. Gerade eine fehlende Darmintegrität, die durch die Dysbiose stark gefördert wird, gilt als Risikofaktor in der Entstehung der Alzheimer-Krankheit (siehe auch Faktenblatt “Demenz und Darmgesundheit” das Ihnen im Downloadbereich von “Kompetenz statt Demenz” kostenlos zur Verfügung steht).

Weiterhin könnten auch die antioxidativen Substanzen in Kokosöl, wie die Phenolsäuren und das Vitamin E -Gemisch den therapeutischen Effekt von Kokosöl gegenüber Alzheimer unterstützen, indem sie oxidative Schäden, ein Schlüsselfaktor in der Pathologie von Alzheimer, hemmen [7]. Im Tierversuch haben sie beispielsweise eine beta-Amyloid-reduzierende Wirkung gezeigt und kognitive Defizite in Alzheimer-Mäusen reduziert [9].

Die nachfolgende Abbildung illustriert alle Wirkungen von Kokosöl und seinen Inhaltsstoffen im Rahmen der Alzheimerprävention und -therapie:

Therapeutische Wirkungen von Kokosöl zur Behandlung von Alzheimer

Bild 2: Therapeutische Wirkungen von Kokosöl zur Behandlung von Alzheimer. Ac: Aceton; AcAc: Acetoacetat; ßHB: beta-Hydroxybutyrat (Modifiziert nach [7])

Fazit

Auch wenn bislang keine klinischen Langzeitdaten aus großen Kohorten vorliegen, ist sich die Fachwelt mittlerweile einig, dass mittelkettige Fettsäuren, wie sie in Kokosöl aber auch in MCT-Ölen vorkommen, als Behandlungs- oder Präventivmaßnahme für Alzheimer und seine Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes empfohlen werden sollten, da sie äußerst vielversprechende funktionelle Eigenschaften besitzen.

Wir können bei jetzigem Wissenstand mit Sicherheit sagen, dass sich kleinere „Energielücken“ des Gehirns, wie sie im Alter üblich sind, mit Kokosöl und/oder MCT-Ölen schließen lassen. Auch für die Alzheimer-Prävention würden diese leicht erhöhten Blutspiegel an Ketonen, wie sie bereits mit ein paar wenigen Teelöffeln Kokosöl oder MCT-Öl (entsprechend ca. 20 bis 30 Gramm mittelkettige Fettsäuren) erreicht werden können, folglich ausreichen. Achten Sie dabei jedoch unbedingt auf die Qualität des Kokosöles und verzehren Sie nur schadstoffgeprüfte und qualitativ hochwertige Produkte.

Allerdings darf Kokosöl nie das einzige Fett in der Ernährung sein, da es kaum ungesättigte Fettsäuren enthält. Es müssen auch andere fettreiche Lebensmittel verzehrt werden, um den Bedarf an den übrigen essentiellen Fettsäuren zu decken. Ideal sind dazu Fisch oder Fisch- bzw. Algenöle sowie Lein-, Hanf- oder Walnussöl, Leinsaat oder Walnüsse. Diese Lebensmittel liefern vor allem Fettsäuren der Omega-3-Familie. Olivenöl mit seiner wertvollen Ölsäure-Fraktion, seinen antioxidativen Polyphenolen, Vitaminen und dem entzündungshemmenden Oleocanthal sollte ebenfalls ein fester Bestandteil einer Ernährung sein, welche Ihre Hirngesundheit schützt und erhält.

Referenzen:

  1. Dayrit FM (2015) The properties of lauric acid and their significance in coconut oil. J Am Oil Chem Soc 92:1–15. DOI 10.1007/s11746-014-2562-7
  2. ÖkoTest Einkaufsratgeber, Jahrbuch für 2021 Sonderheft J2010: 18-23
  3. ↑1 ↑2 Newport, M et al.: A new way to produce hyperketonemia: Use of ketone ester in a case of Alzheimer’s disease. Alzheimers & Dementia 2015;11:99-103
  4. SV Ramesh, V Krishnan, S Praveen et al (2021) Dietary prospects of coconut oil for the prevention and treatment of Alzheimer’s disease (AD): A review of recent evidences. Trends in Food Science & Technology 112: 201-211 https://doi.org/10.1016/j.tifs.2021.03.046
  5. Matthew C. L. Phillips, Laura M. Deprez, et al. (2021) Randomized crossover trial of a modified ketogenic diet in Alzheimer’s disease. Alzheimer’s Research & Therapy 13: 51. doi: 1186/s13195-021-00783-x
  6. Fernando WMADB, Martins IJ, Goozee KG, et al., (2015) The role of dietary coconut for the prevention and treatment of Alzheimer’s disease: potential mechanisms of action, Br. J. Nutr. 114(1): 1-14.
  7. ↑1 ↑2 ↑3 ↑4 Sandupama P, Munasinghe D, Jayasinghe M (2022) Coconut oil as a therapeutic treatment for alzheimer’s disease: a review. Journal of Future Foods 2/1: 41-52. https://doi.org/10.1016/j.jfutfo.2022.03.016
  8. Roopashreea PG, Shilpa S.Shettya SS, Kumarib NS (2021) Effect of medium chain fatty acid in human health and disease. Journal of Functional Foods. Volume 87, 104724 https://doi.org/10.1016/j.jff.2021.104724
  9. F. Mirzaei, M. Khazaei, A. Komaki, et al., Virgin coconut oil (VCO) by normalizing NLRP3 inflammasome showed potential neuroprotective effects in Amyloid-β induced toxicity and high-fat diet fed rat, Food Chem. Toxicol. 118 (2018) 68-83. https://doi.org/10.1016/j.fct.2018.04.064.