Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Ballaststoffe, insbesondere lösliche Ballaststoffe, eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der kognitiven Fähigkeiten im Alter und bei der Prävention von Demenzerkrankungen spielen könnten. 

Ballaststoffe sind pflanzliche Bestandteile, die von den Enzymen unseres Darms nicht verdaut werden können.  Sie kommen vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkornprodukten (z.B. Getreideflocken, Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Weizenkleie), Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Erbsen), Gemüse (Paprika, Brokkoli, Möhren, Kartoffeln), Obst (Äpfel, Birnen, Zitrusfrüchte, Beeren), Nüssen (Mandeln, Haselnüsse) oder Samen (Leinsamen, Flohsamenschalen). Sie sind besonders in den äußeren Schichten, d.h. in der Schale von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten enthalten. Darüber hinaus können Ballaststoffe auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln wie Präbiotika aufgenommen werden.  

Ballaststoffe werden in wasserlösliche und wasserunlösliche Ballaststoffe unterteilt: 

  • Wasserlösliche Ballaststoffe bilden im Darm eine gelartige Substanz, die dazu beiträgt, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren, den Cholesterinspiegel zu senken und das Wachstum der „guten“ Bakterien zu fördern. Diese spezielle Form von Ballaststoffen ist besonders wichtig für die Prävention von Demenzerkrankungen. Zu dieser Gruppe gehören Pektine, ß-Glucane, Inulin, Fructooligosaccharide, Galactooligosaccharide, Mannanoligosaccharide, Xyloooligosaccharide, Algenpolysaccharide, Glucomannane und Gummi arabicum.  
  • Wasserunlösliche Ballaststoffe quellen im Darm auf, erhöhen das Stuhlvolumen und fördern die Verdauung durch Anregung der Darmbewegung. Darunter fallen Cellulose, Hemicellulose, Lignin, Chitin und resistente Stärke.  

[1,2] 

Die Wirkung von Ballaststoffen auf das Gehirn 

Der genaue Mechanismus, durch den Ballaststoffe die Entstehung von Demenzerkrankungen wie Alzheimer oder vaskulärer Demenz beeinflussen, ist noch nicht vollständig geklärt. Tier- und Laborstudien deuten jedoch darauf hin, dass Ballaststoffe einen positiven Einfluss auf Demenzerkrankungen haben können, indem sie unter anderem die Zusammensetzung des Darmmikrobioms beeinflussen. Je nach Veränderung des Darmmikrobioms werden dann über die Darm-Hirn-Achse Informationen an das Gehirn gesendet, die dort Entzündungen hemmen oder fördern können. Dies wiederum kann die Entstehung von Demenzerkrankungen beschleunigen oder hemmen.   

Einfluss auf das Darmmikrobiom 

Vergleich der Auswirkungen hoher vs. niedriger Ballaststoffaufnahme: Links: Ballaststoffreiche Ernährung fördert eine gesunde Darmflora, steigert SCFA-Produktion und schützt vor Entzündungen und neurodegenerativen Erkrankungen. Rechts: Ballaststoffarme Ernährung führt zu gestörter Darmflora, verminderter SCFA-Produktion und erhöhtem Risiko für Entzündungen und Alzheimer.

Bild 2

Das Darmmikrobiom umfasst alle Mikroorganismen in unserem Darm, wie Bakterien, Hefen und Pilze.  

Schlechte Ernährungsgewohnheiten, darunter eine ballaststoffarme Ernährung, können zu einer Dysbiose führen,einem Ungleichgewicht, bei dem sich die „schlechten“ Bakterien vermehren und die „guten“ Bakterien abnehmen. Zu den „schlechten“ Darmbakterien zählen Bacteroides fragilis, Escherichia coli,Staphylococcus aureus und viele Proteobakterien-Arten. Sie produzieren entweder selbst (neuro)toxische Stoffwechselprodukte, setzen entzündungsfördernde Substanzen wie Lipopolysaccharide (LPS) oder entzündungsfördernde Zytokine wie den Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α), das Interleukin-1 (IL-1) oder Interleukin-6 (IL-6). Diese Substanzen aktivieren das Immunsystem des Darms, was eine Entzündungskettenreaktion auslöst, und die Darmbarriere schwächt. Die Folge ist eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand, wodurch Schadstoffe leichter in den Blutkreislauf gelangen und noch mehr Entzündungen auslösen. Ein Teufelskreis entsteht. Diese Entzündungen können sich im ganzen Körper ausbreiten, und auch das Gehirn erreichen. Im Gehirn können sie die Ablagerung von Amyloid-β verstärken, einem Protein, das eine Schlüsselrolle bei der Alzheimer-Krankheit spielt. Gleichzeitig werden Immunzellen im Gehirn, sogenannte Mikrogliazellen, dauerhaft aktiviert, was zu einer weiteren Schädigung der Nervenzellen und schlussendlich zu deren Absterben führen kann. Eine solche Dysbiose im Mikrobiom und die damit verbundenen Auswirkungen sind häufig bei Demenzpatienten zu beobachten [4]. 

Eine ballaststoffreiche Ernährung dient dagegen als Nahrung für die „guten“ Bakterien, wodurch das Darmmikrobiom im Gleichgewicht bleibt und sich positiv auf die Gehirngesundheit auswirken kann. Zu den „guten“ Bakterien gehören z.B. Bacteroides, Lactobacillus, Faecalibacterium prausnitzii, Akkermansia muciniphila, Roseburia spp. und Eubacterium spp. Diese Bakterien produzieren entzündungshemmende Substanzen wie γ-Aminobuttersäure (GABA) oder kurzkettige Fettsäuren (SCFA), die wiederum verschiedene entzündungshemmende Kettenreaktionen auslösen und so die Gesundheit des Gehirns positiv beeinflussen können [4].  

γ-Aminobuttersäure (GABA) 

γ-Aminobuttersäure (GABA) ist ein Neurotransmitter, der im Darm hauptsächlich von Bakterienarten wie Bacteroides und Lactobacillus produziert wird. GABA trägt zur Verbesserung der Integrität der Darmbarriere sowie der Blut-Hirn-Schranke bei, wodurch das Eindringen schädlicher Substanzen aus dem Darm in den Blutkreislauf und aus dem Blutkreislauf ins Gehirn verhindert wird. Darüber hinaus stimuliert GABA den Vagusnerv, der den Darm mit dem Gehirn verbindet, und hemmt so Entzündungen im Gehirn. Außerdem ist GABA in der Lage, die Überaktivität der Mikrogliazellen zu hemmen und verhindert so den weiteren Abbau von Nervenzellen [3].  

Kurzkettige Fettsäuren (SCFA) 

Ähnlich wie GABA stärken auch kurzkettige Fettsäuren, insbesondere Butyrat aber auch Propionsäure und Laktat, die Blut-Hirn-Schranke und verhindern das Eindringen von Schadstoffen. Sie helfen, Entzündungen vorzubeugen, beruhigen überaktive Mikrogliazellen und tragen so zur Reduktion chronischer Entzündungen bei. Kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) verhindern zudem die Bildung schädlicher Beta-Amyloid-Ablagerungen, die mit Alzheimer in Verbindung stehen, und fördern wiederum die Produktion wichtiger Neurotransmitter wie GABA. Sie liefern dem Gehirn außerdem zusätzliche Energie, wenn die normale Zuckeraufnahme gestört ist, und können so einer Energiekrise im Gehirn vorbeugen, welche auch ursächlich mit der Entstehung einer Demenz im Zusammenhang steht [2,7].  

Studienlage für Ballaststoffaufnahme bei Alzheimerpatienten 

Klinische Studien, die den Zusammenhang zwischen Ballaststoffen und Demenz untersuchen, sind noch begrenzt. Einige wenige Humanstudien zeigen jedoch Tendenzen für eine positive Wirkung von Ballaststoffen auf die kognitiven Funktionen bei älteren Menschen und bestätigen damit die Ergebnisse zahlreicher Tierstudien.  

Eine aktuelle Langzeit-Kohortenstudie mit 3.700 japanischen Teilnehmern im Alter von 40 bis 64 Jahren untersuchte über einen Zeitraum von 20 Jahren den Zusammenhang zwischen der Ballaststoffaufnahme und dem Risiko, an einer schweren, pflegebedürftigen Demenz zu erkranken. Die Ballaststoffaufnahme der Teilnehmenden wurde mit Hilfe eines 24-Stunden-Recalls erfasst. Am Ende des Beobachtungszeitraums waren 670 der Teilnehmer von einer schweren Form der Demenz betroffen. Die Ergebnisse zeigten, dass eine höhere Aufnahme von Ballaststoffen, insbesondere von löslichen Ballaststoffen, mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden war. Dieser schützende Effekt war besonders ausgeprägt bei Personen, die zuvor keinen Schlaganfall erlitten hatten [8].  

Eine weitere Langzeit-Kohortenstudie mit 1.071 japanischen Teilnehmern im Alter von über 24 Jahren untersuchte den Einfluss von Gemüse, Obst und Nährstoffen auf das Demenzrisiko. Während der Beobachtungszeit erkrankten 464 Personen an Demenz, davon 286 an Alzheimer und 144 an vaskulärer Demenz. Forscher stellten fest, dass ein höherer Gemüseverzehr war mit einem geringeren Risiko für Demenz und Alzheimer, aber nicht für vaskuläre Demenz verbunden. Darüber hinaus zeigte sich ein tendenzieller Zusammenhang zwischen einer höheren Ballaststoffaufnahme und einem geringeren Demenzrisiko, auch wenn dieser Wert die statistische Signifikanz knapp verfehlte. Der Obstverzehr hatte in dieser Studie keinen nachweisbaren Einfluss auf das Demenzrisiko [5] 

In einer anderen Studie untersuchten Wissenschaftler, wie sich der Verzehr von Ballaststoffen auf die geistige Leistungsfähigkeit von 1000 älteren Menschen (über 60 Jahre) auswirkt. Dazu wurden verschiedene Gedächtnis- und Konzentrationstests durchgeführt, darunter der DSST-Test und der CERAD-Test. Der DSST-Test dient der Erkennung kognitiver Beeinträchtigungen und misst Aspekte wie Verarbeitungsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeit, motorische Geschwindigkeit und assoziatives Lernen. Der CERAD-Test hingegen wird vor allem zur Diagnose und Verlaufskontrolle der Alzheimer-Demenz eingesetzt und prüft Gedächtnisleistung, Sprachverständnis, Orientierung und Konzentration. Die Ergebnisse zeigten, dass eine höhere Ballaststoffaufnahme mit besseren Ergebnissen im DSST-Test verbunden war. Ab einer täglichen Menge von etwa 34 Gramm Ballaststoffen konnte jedoch kein zusätzlicher Nutzen festgestellt werden. Hingegen zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Ballaststoffzufuhr und einer Verbesserung der Leistungen im CERAD-Test. Die Studie zeigt, dass der Verzehr von Ballaststoffen die kognitiven Fähigkeiten älterer Menschen grundsätzlich positiv beeinflussen kann, auch wenn kein spezifischer Zusammenhang mit einer Verbesserung der Testergebnisse bei Alzheimer-Patienten festgestellt wurde [6].  

Fazit 

Ballaststoffe sind ein wichtiger Bestandteil einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Sie fördern nicht nur die Verdauung und das allgemeine Wohlbefinden. Es gibt zudem immer mehr überzeugende Belege dafür, dass eine ausreichende Ballaststoffzufuhr auch die kognitiven Funktionen unterstützt und zur Prävention von Demenzerkrankungen beitragen kann. Um von den gesundheitlichen Vorteilen ballaststoffreicher Lebensmittel zu profitieren, wird empfohlen, täglich mindestens 30 g Ballaststoffe aufzunehmen.

Erfahren Sie hier, in welchen Lebensmitteln lösliche Ballaststoffe besonders vorkommen und welche zusätzlichen gesundheitlichen Vorteile sie bieten.  

Wenn Sie mehr über den Einfluss des Darmmikrobiom auf Ihre geistige Gesundheit erfahren möchten, schauen Sie im Download-Bereich von “Kompetenz statt Demenz” und sichern Sie sich das kostenlose Faktenblatt “Demenz und Darmgesundheit”. 

 Referenzen   

  1. Barber, T. M., Kabisch, S., Pfeiffer, A. F. H., & Weickert, M. O. (2020). The Health Benefits of Dietary Fibre. Nutrients, 12(10), 3209. https://doi.org/10.3390/nu12103209 
  2. Berding, K., Carbia, C., & Cryan, J. F. (2021). Going with the grain: Fiber, cognition, and the microbiota-gut-brain-axis. Experimental Biology and Medicine, 246(7), 796–811. https://doi.org/10.1177/1535370221995785 
  3. Conn, K. A., Borsom, E. M., & Cope, E. K. (2024). Implications of microbe-derived ɣ-aminobutyric acid (GABA) in gut and brain barrier integrity and GABAergic signaling in Alzheimer’s disease. Gut Microbes, 16(1), 2371950. https://doi.org/10.1080/19490976.2024.2371950 
  4. Kang, J. W., & Zivkovic, A. M. (2021). The Potential Utility of Prebiotics to Modulate Alzheimer’s Disease: A Review of the Evidence. Microorganisms, 9(11), 2310. https://doi.org/10.3390/microorganisms9112310 
  5. Kimura, Y., Yoshida, D., Ohara, T., Hata, J., Honda, T., Hirakawa, Y., Shibata, M., Oishi, E., Sakata, S., Furuta, Y., Chen, S., Uchida, K., Nakao, T., Kitazono, T., & Ninomiya, T. (2022). Long-term association of vegetable and fruit intake with risk of dementia in Japanese older adults: The Hisayama study. BMC Geriatrics, 22(1), 257. https://doi.org/10.1186/s12877-022-02939-2 
  6. Prokopidis, K., Giannos, P., Ispoglou, T., Witard, O. C., & Isanejad, M. (2022). Dietary Fiber Intake is Associated with Cognitive Function in Older Adults: Data from the National Health and Nutrition Examination Survey. The American Journal of Medicine, 135(8), e257–e262. https://doi.org/10.1016/j.amjmed.2022.03.022 
  7. Ticinesi, A., Mancabelli, L., Carnevali, L., Nouvenne, A., Meschi, T., Del Rio, D., Ventura, M., Sgoifo, A., & Angelino, D. (2022). Interaction Between Diet and Microbiota in the Pathophysiology of Alzheimer’s Disease: Focus on Polyphenols and Dietary Fibers. Journal of Alzheimer’s Disease, 86(3), 961–982. https://doi.org/10.3233/JAD-215493 
  8. Yamagishi, K., Maruyama, K., Ikeda, A., Nagao, M., Noda, H., Umesawa, M., Hayama-Terada, M., Muraki, I., Okada, C., Tanaka, M., Kishida, R., Kihara, T., Ohira, T., Imano, H., Brunner, E. J., Sankai, T., Okada, T., Tanigawa, T., Kitamura, A., … Iso, H. (2023). Dietary fiber intake and risk of incident disabling dementia: The Circulatory Risk in Communities Study. Nutritional Neuroscience, 26(2), 148–155. https://doi.org/10.1080/1028415X.2022.2027592 

Bild1 von: Shutterstock von Tijana Moraca 

Bild2 von: (Kang & Zivkovic, 2021)