Frühe Alzheimer-Symptome sind umkehrbar: aktuelle Lebensstil-Intervention zeigt vielversprechende Ergebnisse

3,8 Minuten LesezeitVeröffentlicht am: 21. April 2021Von Kategorien: Behandlungsformen, Ernährung, Klinische Studien, Prävention, Ursachen

Der Zusammenhang zwischen Lebensstil und Alzheimer-Krankheit wurde bereits in vielen Studien beschrieben. Es ist mittlerweile bekannt, dass Interventionen in den Lebensstil den Ausbruch der Krankheit in etwa 40 % verhindern können. Darüber haben wir bereits in einem früheren Newsfeed berichtet, der 12 Präventionsfaktoren für die Alzheimer-Krankheit beschreibt, die von der Lancet Commission on Dementia empfohlen werden. Auch hat die finnische FINGER-Studie (Finnish Geriatric Intervention Study) aus dem Jahre 2015 diese Zusammenhänge bereits eindrucksvoll gezeigt.

Die meisten Studien befassen sich jedoch mit der Primärprävention, d. h. mit der Frage, wie man den Ausbruch der Krankheit bei symptomfreien oder zuvor gesunden Personen verhindern kann. Nicht ganz so viele Studien haben dagegen die Wirkung von Lebensstilmaßnahmen zur Verringerung der Symptome oder zur Veränderung des Krankheitsverlaufs bei Personen untersucht, die bereits kognitive Beschwerden haben. Letztere Art von Prävention wird auch als Sekundärprävention bezeichnet.

Tatsächlich sind Patienten in frühen Stadien des kognitiven Verfalls noch selbst in der Lage, signifikante Änderungen im Lebensstil vornehmen. Außerdem hat ihr Gehirn noch genügend Neuroplastizität, um der Entwicklung der Krankheit entgegenzuwirken.

Aber würden diese Patienten wirklich von Lebensstil-Interventionen profitieren und wie würden sich diese auswirken, wenn bereits Symptome vorhanden sind?

Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine „Proof-of-Concept“-Studie entwickelt, die im September 2020 veröffentlicht wurde. Sie sollte, wie der Name schon vermuten lässt, die These überprüfen und den Nachweis für ihre Richtigkeit liefern.

Dazu wurden 119 in einer Gemeinde lebende Personen ausgewählt, die älter als 65 Jahre waren. Bei allen Teilnehmern wurde zuvor eine leichte kognitive Beeinträchtigung von einem Arzt diagnostiziert oder sie berichteten über einen subjektiv wahrgenommenen kognitiven Verfall.

Die Begriffe „subjektive kognitive Beeinträchtigung“ und „leichte kognitive Beeinträchtigung“ werden zur Klassifizierung der Alzheimer-Krankheit im Frühstadium verwendet. Im ersten Fall werden die kognitiven Veränderungen zwar von den Betroffenen wahrgenommen, aber oft fehlinterpretiert und nicht mit Alzheimer in Verbindung gebracht. Eine milde kognitive Beeinträchtigung hingegen verursacht einen leichten, aber spür- und messbaren Rückgang der kognitiven Fähigkeiten, einschließlich des Gedächtnisses und der Denkfähigkeit.

Die Studienteilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt:

Die Kontrollgruppe erhielt Online-Informationsseminar über die Vorbeugung von Demenz einschließlich mediterraner Ernährung, körperlicher Aktivität und kognitivem Engagement. Nach jedem Kurs-Modul sollten die Teilnehmer eine Woche lang die erhaltenen Lebensstil-Informationen in ihrem eigenen Alltag in die Tat umsetzen. Nach dieser Woche fand wieder das nächste Modul des online-Kurses statt.

Die Interventionsgruppe absolvierte zwar die gleichen Online-Kurse, nahm aber in den Wochen zwischen den Modulen an praktischen Aktivitäten teil, wie z. B. Treffen mit Ernährungsberatern, Arbeit mit Fitness-Trainern und Teilnahme an Gehirntrainingsprogrammen. Diese Betätigungen unterstützten somit die praktische Umsetzung der erlernten Inhalte des online-Kurses.

Bereits nach 8 Wochen zeigten sich bei den Teilnehmern der Interventionsgruppe Verbesserungen der Kognition. Auch war es in dieser Gruppe gelungen, die Lebensstil-Risikofaktoren erfolgreich im Alltag zu reduzieren und im Gegenzug die Schutzfaktoren zu erhöhen.

Diese Ergebnisse liefern demnach den Beweis, dass eine multimodale Veränderung der Lebensweise auch in der Sekundärprävention erfolgreich sein kann: so konnte die Lebensstil-Intervention die Belastung durch lebensstilbedingte Risikofaktoren für die Alzheimer-Krankheit signifikant verringern und auch die Kognition in frühen Stadien der Krankheit verbessern, und dies bereits nach einem sehr kurzen Zeitraum.

Die Studie macht damit deutlich, dass eine effektive und nachhaltige Umsetzung von Lebensstilmaßnahmen wichtig ist, um die frühen Symptome der Alzheimer-Krankheit umzukehren. Darüber hinaus unterstreicht sie die Wichtigkeit von Ernährung, körperlicher Aktivität und Gehirntraining als Schlüsselkomponenten bei der Behandlung in frühen Stadien der Alzheimer-Krankheit, wie z.B. subjektiver oder milder kognitiver Beeinträchtigung.

In USA werden diese Erkenntnisse bereits seit Jahren von Dr. Dale Bredesen therapeutisch umgesetzt. Er hat dazu ein multifaktorielles Lebensstil-Konzept entwickelt, welches bereits bei vielen Alzheimer-Patienten im frühen Stadium der Erkrankung erfolgreich angewendet worden ist. Hier finden Sie weitere Informationen zu diesem vielversprechenden Therapie-Programm.

Diese kleine Studie bereitet den Weg für größere und länger-angelegte Studien in der Zukunft, um noch detaillierte Informationen zu bekommen, wie eine nachhaltige Verbesserung des Lebensstils die Kognition beeinflussen kann. Aber die Ergebnisse können bereits jetzt schon alle Patienten in frühen Stadien der Erkrankung ermutigen, nicht aufzugeben, sondern in Lebensstilmaßnahmen und -Veränderungen zu investieren, um ihre Symptome wirkungsvoll umzukehren und den kognitiven Verfall zu verzögern. Denn die gute Nachricht ist: Sekundärpräventive Interventionen sind in der Lage, dem Krankheitsverlauf positiv entgegenzuwirken!

Fazit:

Viele frühere Studien haben gezeigt, das eine Lebensstil-Intervention die Alzheimer-Krankheit verhindert, oder ihren Beginn hinauszögert, aber ihre Rolle bei der Umkehrung der Symptome im frühen Stadien der Krankheit ist bisher kaum untersucht worden. Aktuellen Studien zufolge wird immer deutlicher, dass auch diese sogenannte Sekundärprävention möglich ist: ein gesunder Lebensstil ist ein Schlüsselfaktor, um die ersten Symptome zu verbessern und das Fortschreiten der Krankheit zu verringern. Es ist also nie zu spät, einen gesunden Lebensstil zu pflegen und Ihr Gehirn vor Demenz zu schützen!

References:

  1. McMaster M, Kim S, Clare L, Torres SJ, Cherbuin N, DʼEste C, Anstey KJ. Lifestyle Risk Factors and Cognitive Outcomes from the Multidomain Dementia Risk Reduction Randomized Controlled Trial, Body Brain Life for Cognitive Decline (BBL-CD). J Am Geriatr Soc. 2020 Nov;68(11):2629-2637
  2. Ngandu T, Lehtisalo J, Solomon A, et al. A 2 year multidomain intervention of diet, exercise, cognitive training, and vascular risk monitoring versus control to prevent cognitive decline in at-risk elderly people (FINGER): a randomised controlled trial. Lancet. 2015 Jun 6;385(9984):2255-63.
  3. Livingston G, Huntley J, Sommerlad A, et al. Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission. Lancet. 2020 Aug 8;396(10248):413-446.
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