D-Tagatose – ein blutzucker-senkender Zucker?
In Fachkreisen wird die Alzheimer-Krankheit gelegentlich als „Diabetes Typ 3“ bezeichnet. Was aber hat die Zuckerkrankheit mit unserem vergesslichen Gehirn zu tun und existiert so etwas wie ein blutzucker-senkender Zucker überhaupt?
Die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) geht anfänglich mit anhaltend erhöhten Glukosekonzentrationen im Blut (erhöhter Blutzuckerspiegel) einher. Dies geschieht, weil das lebenswichtige Hormon Insulin, das für die Verwertung von Glukose im Körper entscheidend ist, nicht mehr effektiv wirken kann. Die sogenannte Insulinresistenz kann auch das Gehirn betreffen. Folglich kann es trotz hoher Glukosekonzentrationen im Blut zu einem Energie-Mangel im Zentralnervensystem kommen. Der resultierende Hungerzustand des Gehirns führt allmählich zum Erliegen seiner spezifischen Funktionen und zum Absterben von Gehirnzellen, was sich besonders auffällig an der Einschränkung des Gedächtnisses zeigt und der schleichende Beginn der Alzheimer-Krankheit ist.
Aber Zucker ist nicht gleich Zucker. Neben den im Übermaß schädlichen Industriezuckern gibt es auch Zuckerarten, die sich nicht zwangsläufig negativ, sondern eher günstig auf diese Energiekrise im Gehirn auswirken. Damit könnten sie zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung des Energiestoffwechsels des Gehirns beitragen. Dies wäre insbesondere zu Beginn der Alzheimer-Erkrankung von entscheidender Bedeutung. Wir haben in diesem Zusammenhang bereits über die D-Galaktose berichtet. Neben ihr könnte vielleicht auch ein weiterer Einfachzucker eine ernährungsmedizinische Möglichkeit sein, kognitive Leistungen durch Ausgleich des Energiebedarfs unter diesen Mangelbedingungen zu normalisieren: die D-Tagatose.
Wissenschaftliche Studien untersuchen seit langem die Wirkung von D-Tagatose bei Diabetes und liefern überzeugende Beweise für die blutzucker-senkende Wirkung dieses Zuckers.
Eine randomisierte Studie aus dem Jahr 2014 untersuchte die Sicherheit von D-Tagatose und seine Wirkung auf die Menge des „verzuckerten“ Hämoglobins (HbA1c-Wert) und damit auf den Langzeitblutzuckerwert. Die Studie wurde an 161 Diabetes-Patienten über einen Zeitraum von 6 Monaten durchgeführt und kam zu dem Ergebnis, dass bereits eine Menge von 5 g Tagatose, dreimal täglich eingenommen, wirksam ist, um den HbA1c-Wert zu senken. Eine Menge von 7,5 g Tagatose, ebenfalls dreimal täglich eingenommen, zeigte einen deutlich stärkeren blutzuckersenkenden Effekt [1].
Aufgrund dieser vielversprechenden Ergebnisse setzten die Wissenschaftler die Studie fort und untersuchten die Wirkung von höheren D-Tagatose-Dosen bei Patienten mit Typ-2-Diabetes. In dieser Studie wurden 480 Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt: 232 erhielten D-Tagatose in verschiedenen Dosierungen, 248 bildeten die Placebo-Gruppe. Die Studie lief über einen Zeitraum von 10 Monaten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Einnahme von D-Tagatose in einer Dosis von 15 g pro Tag den HbA1c-Wert signifikant senken konnte, wenn sie dreimal täglich unmittelbar vor den Mahlzeiten in 125-250 ml Wasser eingenommen wurde. Der Effekt war bereits nach 2 Monaten sichtbar. Die Senkung des HbA1c-Wertes war robust und konnte in beiden Untergruppen, verschiedenen Subpopulationen und mit unterschiedlichen analytischen Ansätzen nachgewiesen werden. D-Tagatose war außerdem recht gut verträglich, da nur leichte Nebenwirkungen in den Behandlungsgruppen auftraten. Die Autoren betonten auch, dass im Gegensatz zu vielen anderen Diabetesmedikamenten die Wirksamkeit von D-Tagatose mit der Dauer der Einnahme zunimmt [2].
Wie genau D-Tagatose seine blutzucker-senkende Wirkung entfaltet, ist noch nicht ganz geklärt. Es wird diskutiert, dass durch die Einnahme von D-Tagatose zunächst andere Zucker wie Glukose (Traubenzucker) langsamer vom Darm aufgenommen und ins Blut abgegeben werden, wodurch der Blutzuckerspiegel langsamer ansteigt. Eine andere Hypothese ist, dass D-Tagatose die Umwandlung von Glykogen (Speicherform von Glukose) in Glukose hemmt und die Umwandlung von Glukose in Glykogen fördert. Durch diese Mechanismen befindet sich weniger freie Glukose im Blut, der Blutzuckerspiegel bleibt niedrig, und es muss weniger Insulin ausgeschüttet werden. So würde einer möglichen Insulinresistenz vorgebeugt [3].
Fazit:
Eine wachsende Zahl von Studien belegt, dass der Einfachzucker D-Tagatose aufgrund seiner blutzuckersenkenden Wirkung den Körper vor Blutzuckerspitzen schützen kann. Dies könnte sich auch positiv auf die Gehirngesundheit auswirken, und somit eine Rolle in der Demenzprävention spielen. Der Zucker ist mittlerweile im Handel erhältlich, ist aber mit einem Kilo-Preis von ca. 180 Euro noch sehr teuer.
Jedoch steht die Forschung mit D-Tagatose in Bezug auf Demenzerkrankungen erst in den Startlöchern. Demenzerkrankungen wie Alzheimer sind sehr komplexe Erkrankungen, die eine Vielzahl an Risikofaktoren haben. So vergleicht der Neurologe und Alzheimerforscher Dr. Dale Bredesen die Alzheimererkrankung auch mit einem Dach, das bis zu 36 Löcher haben kann, die alle zu reparieren sind.
Demnach sehen wir in der D-Tagatose nicht ein Allheilmittel, aber es könnte eine hirnfreundliche Zuckeralternative zum herkömmlichen Haushaltszucker sein, die man sich in kleinen Mengen durchaus täglich gönnen kann, ohne der Gesundheit zu schaden!
Wenn Sie noch mehr über die positiven Wirkungen der D-Tagatose erfahren möchten, schauen Sie gerne hier bei „Kompetenz statt Demenz“ nach.
Referenzen:
- M. Ensor, J. Williams, R. Smith, A. Banfield, and R. A. Lodder, “Effects of three low-doses of D-tagatose on glycemic control over six months,” Journal of Endocrinology, Diabetes & Obesity, vol. 2, article 1057, no. 4, 2014. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4820068/
- Ensor, M., Banfield, A. B., Smith, R. R., Williams, J., & Lodder, R. A. (2015). Safety and Efficacy of D-Tagatose in Glycemic Control in Subjects with Type 2 Diabetes. Journal of endocrinology, diabetes & obesity, 3(1), 1065. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27054147/
- Guerrero-Wyss, M., Durán Agüero, S., & Angarita Dávila, L. (2018). D-Tagatose Is a Promising Sweetener to Control Glycaemia: A New Functional Food. BioMed Research International, 2018, 8718053. https://doi.org/10.1155/2018/8718053
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Foto von Dewang Gupta auf Unsplash