Aktuelle Studie zeigt: die MIND-Diät schützt vor kognitivem Abbau, auch unabhängig von den krankhaften Veränderungen des Alzheimer-Gehirns

4,1 Minuten LesezeitVeröffentlicht am: 17. November 2021Von Kategorien: Behandlungsformen, Ernährung, Prävention

Interessant für Alzheimer-Forscher ist nach wie vor die Tatsache, dass einige Patienten trotz schwerer Hirnläsionen (anatomische Abnormalität in Teilen des Gehirns) immer noch geistig topfit sind und somit ihre kognitiven Funktionen beibehalten konnten. Es scheint also in dieser Personengruppe keinen Zusammenhang zwischen der Ablagerung der Alzheimer-spezifischen Ablagerungen (Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Protein-Fibrillen) und den kognitiven Veränderungen wie Gedächtnisverlust, Planungsschwierigkeiten, Verhaltensstörungen usw. zu geben.

Da sie als Ursache für die Symptome der Alzheimer-Krankheit gelten, sucht die klinische Alzheimerforschung schon seit langem nach Möglichkeiten, die Bildung dieser pathologischen Amyloid- und Tau-Ablagerungen zu verringern oder gar zu verhindern. Allerdings sind bislang alle pharmakologischen Interventionen, die sich auf diese krankhaften Proteinablagerungen im Gehirns konzentrieren, trotz erfolgreicher Reduktion von Amyloid- und Tau-Proteinen letztendlich gescheitert, da dadurch die Symptome der Demenz weder verringert noch aufgehalten werden können. Ein aktuelles und leider sehr trauriges Beispiel dafür ist die umstrittene Zulassung des neuen Alzheimer-Medikaments “Aduhelm”, die für sehr viel Aufsehen gesorgt hat.

Modifizierbare Lebensstilfaktoren hingegen wirken nachweislich unabhängig von den krankhaften Veränderungen des Gehirns günstig auf die Alzheimererkrankung. So wurden beispielsweise regelmäßige geistige Aktivität, sog. “Gehirnjogging”, im späteren Lebensalter wie auch konsequente körperliche Bewegung während des gesamten Lebens – völlig unabhängig von den krankhaften Veränderungen im Gehirn – mit einer verbesserten kognitiven Leistung in Verbindung gebracht (1,2). Dies wird unter anderem auch auf die erstaunliche Fähigkeit des Gehirns zurückgeführt, dass es bei guter kognitive Reserve trotz Verletzungen und anderer Angriffe auf die Hirngesundheit noch lange Zeit normale geistige Fähigkeiten aufrechterhalten kann. Heute ist man sich einig, dass einige gesunde Lebensstilmaßnahmen diese kognitive Reserve verbessern und somit das Gehirn schützen können.

Unter den veränderbaren Lebensstilmaßnahmen ist auch die Ernährung ein wesentlicher Faktor: so wird eine ungesunde Ernährung mit einem Abbau der geistigen Fähigkeiten und der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht, und es hat sich gezeigt, dass hirngesunde Ernährungsmaßnahmen diesen Zustand verbessern können.

Die MIND-Diät ist eine Kombination aus der Mittelmeerdiät und der DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension). Es handelt sich um eine unkomplizierte Ernährungsform, die von den meisten Patienten leicht befolgt werden kann. Es wurde bereits in einer früheren Studie gezeigt, dass sie den kognitiven Abbau bei älteren Erwachsenen verlangsamt und das Demenzrisiko verringert (3).

Eine aktuelle Studie, die in diesem Jahr im Journal of Alzheimer’s Disease veröffentlicht wurde (4), ging erstmals der interessanten Frage nach, ob diese positiven Auswirkungen der MIND-Diät auf die Kognition unabhängig von krankhaften Alzheimer-typischen Hirnveränderungen auftreten, ebenso wie die anderen oben genannten Lebensstilmaßnahmen. Die Autoren haben dazu die Daten von 569 Personen lebenslang analysiert, unter Zuhilfenahme von Ernährungsfragebögen, kognitiver Testverfahren und Daten von Gehirnautopsien, letztere zur Feststellung pathologischer Alzheimer-Plaques nach dem Tod.

Das Ergebnis zeigte, dass Personen, die regelmäßig 10 hirngesunde Lebensmittel (grünes Blattgemüse, anderes Gemüse, Nüsse, Beeren, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Fisch, Geflügel, Olivenöl und Wein) zu sich nahmen und 5 ungesunde Lebensmittel (rotes Fleisch, gebratenes und schnelles Essen, Gebäck/Süßigkeiten, Butter und Käse) nur in sehr geringem Maße verzehrten, höhere MIND-Diät-Werte erzielten. Ein höherer MIND-Diät-Wert wurde in dieser Studie, in Übereinstimmung mit früheren Studien, mit einer besseren geistigen Fähigkeit in Verbindung gebracht.

Interessanterweise konnte hier auch gezeigt werden, dass diese positiven Wirkungen unabhängig von der typischen Alzheimer-Pathologie und sogar von anderen altersbedingten krankhaften Hirnveränderungen auftraten. Dies bedeutet, dass Personen, die die MIND-Diät langfristig befolgten, eine bessere kognitive Leistungsfähigkeit aufwiesen, auch wenn ihr Gehirn viele Läsionen und Beta-Amyloid-Plaques aufwies.

Dieses Ergebnis deutet weiter darauf hin, dass die Einhaltung der MIND-Diät vor einem Teil des kognitiven Verlusts schützen kann, der mit krankhaften Gehirnveränderungen einhergeht und so möglicherweise zum Aufbau einer kognitiven Reserve bei älteren Erwachsenen beiträgt.

Der Beitrag der MIND-Diät zur Gesundheit des Gehirns ist wahrscheinlich auf die große Menge an antioxidativen, entzündungshemmenden und neuroprotektiven Komponenten zurückzuführen. Die MIND-Diät fördert den Verzehr von grünem Blattgemüse und Beeren, die reich an Vitamin E, Beta-Carotin, Folat und Flavonoiden sind. Dies sind alles Mikronährstoffe, die die Zellen vor oxidativem Stress schützen und die Funktion der Nervenzellen verbessern. Weitere Informationen über die MIND-Diät finden Sie hier auf der KsD-Website.

Da es bislang keine wirksamen pharmakologischen Maßnahmen zur Linderung der Alzheimer-Erkrankung, oder zumindest zum Stoppen oder zur signifikanten Verlangsamung des Fortschreitens der Alzheimer-Symptome gibt, ist es von großem wissenschaftlichem Interesse, einen unkomplizierten Weg zu finden, mit dem wir unser Gehirn schützen und unsere kognitiven Funktionen bis ins hohe Alter zu erhalten können. Die MIND-Diät scheint dafür eine sehr gute Option zu sein!

Fazit:

Die MIND-Diät ist eine einfach zu befolgende Diät, die die kognitiven Funktionen verbessern und Demenz vorbeugen kann. Eine aktuelle Studie hat eindrücklich gezeigt, dass wie bei anderen Lebensstilmaßnahmen (z. B. körperliche und geistige Aktivität) die positive Wirkung der MIND-Diät unabhängig vom Vorhandensein krankhafter Alzheimer-Läsionen (Amyloid-beta-Plaques und Tau-Fibrillen) auftritt. Diese Tatsache deutet darauf hin, dass die Einhaltung der MIND-Diät die kognitive Reserve verbessern kann, d. h. die bemerkenswerte Fähigkeit des Gehirns, seine Funktion auch bei Verletzungen und anderen Angriffen aufrechtzuerhalten. Nachdem es bis heute kein wirksames Alzheimer-Medikament gibt, das den Erkrankungsprozess bremst, stoppt oder gar rückgängig macht, scheint die MIND-Diät eine sehr gute Möglichkeit zu sein, unser Gehirn bis ins hohe Alter fit zu halten.

Keep that in MIND!

Referenzen:

  1. Wilson RS, Boyle PA, Yu L, Barnes LL, et al. Life-span cognitive activity, neuropathologic burden, and cognitive aging. Neurology. 2013 Jul 23;81(4):314-21.
  2. Buchman AS, Yu L, Wilson RS, Lim A, et al. Physical activity, common brain pathologies, and cognition in community-dwelling older adults. Neurology. 2019 Feb 19;92(8):e811-e822.
  3. Morris MC, Tangney CC, Wang Y, et al. MIND diet slows cognitive decline with aging. Alzheimers Dement. 2015 Sep;11(9):1015-22.
  4. Dhana K, James BD, Agarwal P, et al. MIND Diet, Common Brain Pathologies, and Cognition in Community-Dwelling Older Adults. J Alzheimers Dis. 2021;83(2):683-692.
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